Internationale Zusammenarbeit
Hier finden Sie weiterführende Links mit Informationen zur internationalen Zusammenarbeit im Bereich eHealth, konkret zum Netzwerk für elektronische Gesundheitsdienste sowie zum offiziellen eHealth‑Portal der Europäischen Union.
Der Europäische Gesundheitsdatenraum (EHDS)
Die im März 2025 in Kraft getretene EU-VO zum EHDS schafft eine neue Grundlage für den Umgang mit Gesundheitsdaten für die EU-MS. Trotz der Menge an Daten, die im Gesundheitswesen anfallen und für eine zeitgemäße Versorgung benötigt werden, erleben wir im Alltag noch Einschränkungen: Patient:innen müssen ausgedruckte Befunde von einer Stelle zur anderen tragen oder haben selbst nur eingeschränkt Zugriff auf ihre Gesundheitsdaten. Auch für Ärzt:innen und Angehörige anderer Gesundheitsberufe ist der Zugang zu versorgungsrelevanten Daten nicht immer gewährleistet. Gleichzeitig braucht es für Forschung und Steuerung des Gesundheitssystems bessere Möglichkeiten, mit Gesundheitsdaten zu arbeiten.
Der EHDS wird hier grundlegende Verbesserungen bringen: Künftig können Patient:innen Gesundheitsdaten in digitaler, strukturierter Form abrufen und entscheiden, was mit ihnen passiert. Dazu gehören, unter anderem, eine Patientenkurzakte mit den wesentlichsten medizinischen Informationen (Vorerkrankungen, Allergien, Implantate, etc.), Informationen über Medikamentenverschreibungen und -abgaben sowie Bilder und Bildbefunde. Diese Informationen stehen auch den behandelnden Ärzt:innen sowie weiteren relevanten Gesundheitsberufen digital zur Verfügung, innerhalb der EU auch grenzüberschreitend – immer mit dem Ziel einer bestmöglichen Versorgung.
Neben dieser verbesserten Primärnutzung der Daten in der direkten medizinischen Versorgung ermöglicht der EHDS auch die sogenannte Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten: Unter strengen Rahmenbedingungen können Gesundheitsdaten ohne direkten Personenbezug für legitime weitere Zwecke wie Forschung, Innovation und Gesundheitspolitik genutzt werden. Die Daten werden dabei grundsätzlich anonymisiert bereitgestellt. Die Daten werden nur nach erfolgreicher Begutachtung und Genehmigung von einer offiziellen Gesundheitsdaten-Zugangsstelle zur Verfügung gestellt. Die Datenverarbeitung findet in speziell gesicherten Umgebungen statt. Art und Ergebnisse der Verarbeitungen werden geprüft und in regelmäßigen Berichten transparent gemacht.
Für EU-Bürger:innen bedeutet der EHDS mehr Kontrolle über ihre Gesundheitsdaten. Sie haben das Recht auf Datenzugang und grenzüberschreitende Verfügbarkeit. Sie werden weiters sowohl in der Primär- als auch der Sekundärnutzung die Möglichkeit haben, der Verarbeitung ihrer Daten zu widersprechen – eine Möglichkeit, die an das ELGA Opt-out angelehnt ist und für die sich Österreich in den Verhandlungen zum EHDS besonders eingesetzt hat. Gleichzeitig profitieren Bürger:innen von einer verbesserten Gesundheitsversorgung, mehr Forschung und Innovation sowie einer präziseren, evidenzbasierten Gesundheitspolitik. Für Ärzt:innen und Angehörige anderer Gesundheitsberufe bedeutet die bessere Verfügbarkeit gut aufbereiteter Daten eine höhere Versorgungsqualität bei gleichbleibendem oder sogar geringerem Verwaltungsaufwand.
Bei der Umsetzung des EHDS gilt es, sensibel vorzugehen: Gesundheitsdaten gehören zu den schützenswertesten Daten überhaupt. Die EU-Verordnung berücksichtigt dies durch klare Regeln und Grenzen. Neben dem Widerspruchsrecht für Einzelpersonen gelten weiterhin die strengen Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung. Bestimmte Nutzungszwecke, wie etwa in Versicherungen oder Werbung, werden grundsätzlich ausgeschlossen.
Der Erfolg des Europäischen Gesundheitsdatenraums wird maßgeblich von der nationalen Umsetzung abhängen. In Österreich braucht es dafür starke und vertrauenswürdige Institutionen, insbesondere eine Stelle für digitale Gesundheit, eine Marktaufsichtsbehörde und eine Zugangsstelle für Gesundheitsdaten. Letztere wird für die Bearbeitung von Sekundärnutzungsanträgen zuständig sein und dabei auch ethische Überlegungen berücksichtigen.
Die Schritte am Weg zur Verordnung und Umsetzung
Die Entstehung des EHDS folgte einem klaren Zeitplan: Nach der Veröffentlichung des Gesetzgebungsvorschlags durch die Europäische Kommission am 3. Mai 2022 wurde am 15. März 2024 eine vorläufige politische Einigung zwischen dem Rat und dem Europäischen Parlament erzielt. Anschließend folgten die Beschlüsse im Europäischen Parlament und im Rat der Europäischen Union. Die Publikation im Amtsblatt erfolgte am 05. März 2025. 20 Tage nach dieser Veröffentlichung tritt die Verordnung am 25. März 2025 in Kraft.
Nach dem In-Kraft-Treten der Verordnung beginnen Übergangsfristen für die einzelnen Bestimmungen zu laufen – und damit auch eine intensive Phase nationaler und europäischer Vorbereitungen für die praktische Umsetzung des EHDS.
Die Übergangsfristen im Detail:
- Generell ist die Verordnung zwei Jahre nach In-Kraft-Treten anwendbar, also ab 26. März 2027. Bis dahin müssen also etwa die neuen Behörden und Strukturen eingerichtet werden.
- Die Bestimmungen zur Primärnutzung für die Patientenkurzakte, elektronischen Verschreibungen und Abgaben sind vier Jahre nach In-Kraft-Treten anwendbar, also ab 26. März 2029.
- Die Bestimmungen zur Primärnutzung für die Bilddaten, Labordaten und Entlassungsbefunde sind sechs Jahre nach In-Kraft-Treten anwendbar, also ab 26. März 2031.
- Die Bestimmungen zur Sekundärnutzung sind vier Jahre nach In-Kraft-Treten anwendbar (26. März 2029), mit Ausnahme bestimmter Datenkategorien, für die die Verordnung erst sechs Jahre nach In-Kraft-Treten gilt.
In dieser Phase werden begleitende europäische Durchführungsrechtsakte erarbeitet, die konkrete technische und organisatorische Details des EHDS regeln. Diese Durchführungsrechtsakte sind entscheidend für die einheitliche Anwendung des EHDS in allen EU-Mitgliedstaaten und werden unter anderem folgende Bereiche abdecken:
- Technische Standards für den Datenaustausch,
- Konkrete Anforderungen an die Sicherheit der Datenverarbeitung,
- Spezifikationen für die Interoperabilität zwischen nationalen Systemen,
- Detaillierte Verfahren für die Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten.
Für die Umsetzung und Steuerung des EHDS wird eine neue Governance-Struktur geschaffen. Zentral wird dabei der EHDS-Ausschuss sein, der sowohl die Primär- als auch die Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten koordinieren wird. Der EHDS-Ausschuss wird von verschiedenen Untergruppen mit spezifischem Fachwissen unterstützt.
Zusätzlich wird ein Forum der Interessenträger eingerichtet, das die Interessen aller Beteiligten vertritt. Die Steuerung soll über Lenkungsgruppen für die Initiativen MyHealth@EU (Primärnutzung) und HealthData@EU (Sekundärnutzung) erfolgen. Diese umfassende Struktur wird gewährleisten, dass alle relevanten Aspekte des Gesundheitsdatenraums - von technischen Standards bis hin zu rechtlichen Fragen - kompetent vorbereitet und in Folge umgesetzt werden.
Österreich wird in diesen Gremien aktiv vertreten sein und seine Expertise besonders in den Bereichen Datenschutz, technische Standards und ethische Rahmenbedingungen einbringen. Dies ermöglicht es, die Interessen unserer Bürgerinnen und Bürger direkt in die europäische Entwicklung einzubringen und gleichzeitig von den Erfahrungen anderer Mitgliedstaaten zu profitieren.
Das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz koordiniert die Umsetzung des EHDS in Österreich in Kooperation mit der ELGA GmbH, der Gesundheit Österreich GmbH, der AGES sowie den Partnern der Bundes-Zielsteuerung Gesundheit.
Österreich wird durch das Sozialministerium im eHealth Network vertreten.
Weitere Informationen finden Sie im offiziellen Portal der Europäischen Union zu Elektronischen Gesundheitsdiensten (eHealth).